Bildquelle: Thieme/Stephanie Gay. In: Lüllmann-Rauch R, Asan E. Feinbau der Nierenkörperchen. In: Lüllmann-Rauch R, Asan E, Hrsg. Taschenlehrbuch Histologie. 6., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2019. doi:10.1055/b-006-163361
Die Nephrone als Funktionseinheiten der Nieren liegen eng zusammengepackt und vergesellschaftet mit den sie versorgenden Blutgefäßen. Die unmittelbare Nähe des Tubulussystems zum Kapillarnetz und auch zwischen den verschiedenen Abschnitten des Nephrons sind essenziell für das Funktionieren der Nephrone. Das Interstitium, über das und in dem letztendlich viele Austauschvorgänge stattfinden, macht in den Nieren nur ca. 2 % des Nierengewebes aus.
Podozyten als zentrale funktionelle Zellen der Niere
Die funktionellen Einheiten der Niere beginnen mit dem Ort der Bildung des Primärurins, den Glomeruli. Hier formen die Podozyten mit ihren langen Zellausläufern die äußere Zelllage des Gefäßknäuels in Form einer Reuse. Die Spaltöffnungen können von den Podozyten den Erfordernissen angepasst werden. Podozyten gehören zu den postmitotischen Zellen, die sich nicht mehr durch Zellerneuerung ersetzen, sondern ausschließlich durch Autophagie regenerieren können [1]. Neben der Filterwirkung agiert der Podozyt auch als Kommandozentrale, um die Integrität des Glomerulus zu gewährleisten. Er besitzt diverse Rezeptoren zur Analyse der Druckverhältnisse und der Zusammensetzung des Filtrates [2].
Die Glomeruluskapillaren bestehen aus
- Gefäßendothel,
- Glomerulären Basalmembran (GBM)
- Epithel der Podozyten (PZ).
Mesangium
- = axiale Skelett des Kapillarknäuels
- besteht aus kontraktilen Mesangialzellen, die über die mesangiale Matrix mit der GBM verbunden sind.
Podozyten
- = postmitotische Zellen
- Regeneration aus Stammzellen bislang nicht nachgewiesen
Fortschreitende Schädigung der Niere durch entzündliche Prozesse
Veränderungen der Blutzusammensetzung durch Xenobiotika, oxidativen oder nitrosativen Stress und das Vorhandensein von Zytokinen, Wachstumsfaktoren usw. führen über die Anlockung von Immunzellen zu Entzündungsreaktionen und Schädigungen der empfindlichen Zellen. Der Zelluntergang der Podozyten führt zwangsläufig zum Verlust der Barrierefunktion der Blut-Urin Schranke im betroffenen Glomerulus, zur Glomerulosklerose und zur Proteinurie. Letztere wiederum ist toxisch für verbleibende Podozyten und die proximalen Tubuluszellen und bedingt die Progression einer primären Nierenschädigung [2][3].
Entzündliche Prozesse weiten sich auf das spärliche Interstitium aus. Immunzellen reagieren auf sogenannte PAMPs (pathogen-associated molecular patterns) und DAMPs (damage-associated molecular patterns) mit Ausschüttung weiterer proinflammatorischer Zytokine, wodurch auch im Nierengewebe letztendlich alle Kardinalsymptome einer Entzündung hervorgerufen werden, allerdings im Verborgenen.
Die Nieren sind umgeben von einer straffen Bindegewebskapsel. Dadurch und durch die enge Lagerung der Nephrone untereinander führt jede entzündliche Ausdehnung des Interstitiums (Ödem als Ausdruck einer Entzündung) zur Kompression der Blutgefäße und Funktionseinheiten, was über die Minderperfusion und direkte Zellschädigungen weitere Gewebszerstörungen zur Folge hat.
Auslöser entzündlicher Prozesse der Niere
Zu den PAMPs gehören viele Xenobiotika, wie z.B. Antibiotika, die vielfach über die Nieren entgiftet werden und im Rahmen der Ausscheidung hier eine für das Gewebe toxische Konzentration erreichen können. Oxidativer Stress, Lipopolysaccharide bakteriellen Ursprungs oder auch diverse Nanopartikel können zur Aktivierung der Immunkaskade führen. Die DAMPs stammen – wie der Name sagt – von zugrunde gegangenen oder massiv geschädigten Parenchymzellen.
Der Teufelskreis der chronischen Niereninsuffizienz beginnt
Gelingt es dem Körper nicht, die entzündlichen Prozesse schnell einzudämmen, oder kommt es durch massive oder persistierende Belastungen zu schwerwiegenden Gewebsschädigungen mit chronischen Entzündungen, dann kann keine Restitutio ad integrum mehr erfolgen. Der Körper reagiert mit Defektheilungen in Form von Ersatz des Funktionsgewebes in Narbengewebe. Aus der fortschreitenden Fibrosierung des Gewebes resultiert schließlich der Funktionsverlust [3]. Der Ausfall einzelner Nephrone führt zur Mehrbelastung noch intakter Nephrone, die dadurch anfälliger für jegliche Störungen werden.
Der Circulus vitiosus der chronischen Niereninsuffizienz nimmt seinen Lauf…
Literatur
[1] Lin TA, Wu VC, Wang CY. Autophagy in Chronic Kidney Diseases. Cells. 2019 Jan 16;8(1):61. doi: 10.3390/cells8010061. PMID: 30654583; PMCID: PMC6357204.
[2] Kriz, W. Biologie des Podozyten. Nephrologe 1, 144-152 (2006). https://doi.org/10.1007/s11560-006-0026-2
[3] Renal fibrosis in feline chronic kidney disease: Known mediators and mechanisms of injury. Review, Lawson et al., The Vet. Journal 203 (2015) 18-26